Mit einem wachsenden Exportmarkt und einem Bruttosozialprodukt, das jährlich um vier Prozent ansteigt, ist Ungarn eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Europa. Bei der Futtermittelsicherheit sieht es jedoch ganz anders aus. Ungarische Futtermittelunternehmen beantragen GMP+ Feed Safety Assurance (FSA)-Zertifikate für den Export, aber in viel geringerem Umfang für die Herstellung im Inland. Ist Ungarn tatsächlich bereit für die Futtermittelsicherheit? Die überraschende Antwort auf meine Frage fand ich im März letzten Jahres auf meiner ersten Reise in das osteuropäische Land.
Johan den Hartog
Managing Director, GMP+ International
Ein Blick auf die Zahl der „GMP+ FSA“-Zertifikate zeigt, dass Ungarn weit hinter Ländern wie den Niederlanden, Deutschland und sogar Polen oder Tschechien liegt, wo die Futtermittelsicherheit in den vergangenen Jahrzehnten eine zentrale Rolle spielte und die GMP+-Zertifizierung allgegenwärtig ist. Über Jahre hinweg war das GMP+-Wachstum in Ungarn äußerst bescheiden.
Kürzlich hatte ich auf einer Geschäftsreise mit der ungarischen Grain & Feed Association hatte ich die Gelegenheit, das Großunternehmen Pannonia Bio in Budapest zu besuchen. Pannonia Bio besitzt eine Bioraffinerie für diverse Erzeugnisse mit einem Wert von 250 Millionen und investiert in großem Umfang in biobasierte Technologien. Es ist die größte Ethanolfabrik in Europa.
Nicht nur die gigantischen Ausmaße der Fabrik beeindruckten mich, sondern vor allem auch die Innovationen, die dort stattfinden. Bei Pannonia Bio werden Maiskörner zu vielen verschiedenen Erzeugnissen verarbeitet, unter anderem Fleischalternativen, Biokraftstoff, Biochemikalien und Fischfutter.
Obwohl es sich nur um ein einziges (wenn auch großes) Unternehmen handelt, muss ich zugeben, dass die ganze Erfahrung meine Sicht auf Ungarn und die dortige Futtermittelwirtschaft etwas verändert hat. Ich musste auch an ähnliche Erfahrungen in einem anderen europäischen Land zurückdenken.
Lange Zeit erleben wir in Polen dasselbe: Das Interesse an Zertifizierungen bezog sich ausschließlich auf den Handel und den Transport ins Ausland. Vor zehn Jahren hatten wir große Probleme, ein Publikum für unser Anliegen zu finden. Aber schließlich nahm parallel zu Entwicklungen im Inland und zum zunehmenden Export tierischer Erzeugnisse ein immer größeres Bewusstsein für Futtermittelsicherheit – was dazu führte, dass die Zahl der Anträge auf „GMP+ FSA“-Zertifikate sprunghaft anstieg (mittlerweile herrscht in Polen sogar immer mehr Interesse an dem brandneuen GMP+-Standard GMO Controlled).
Ungarn ist noch nicht so weit. Aber das Gefühl eines Déjà-vu konnte ich nicht unterdrücken. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Futtermittelsicherheit auch in Ungarn Fuß fasst – den Anfang bildet im nächsten Jahr ein GMP+-Seminar in Budapest.